Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 03.07.2024 - 17 Ca 543/24
Das Thema „Auswirkung eines außerdienstlichen Verhaltens eines Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis“ ist derzeit aufgrund der gesellschaftlich-politischen Lage immer wieder Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen. Zuletzt im Fokus waren besonders Äußerungen in privaten Chatgruppen oder in den sozialen Medien zum Krieg zwischen Israel und der Hamas - prominenter Fall ist das Verfahren des Fußballprofis El Ghazi gegen den FSV Mainz 05.
Das Arbeitsgericht Köln hat nun entschieden, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, welche am "Potsdamer Treffen" teilgenommen hatte, unwirksam ist.
Die Mitarbeiterin, welche 20 Jahre beschäftigt war, hatte zuletzt als zentrale Ansprechpartnerin im Beschwerdemanagement gearbeitet. Nach Bekanntwerden ihrer Teilnahme am Treffen von u.a. Mitgliedern der CDU, AfD und des Österreichers Martin Sellner in Potsdam, kündigte die Stadt der Mitarbeiterin mehrfach außerordentlich (Tat- und Verdachtskündigung) - eine ordentliche Kündigung war schon aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit nicht mehr möglich. Vorgeworfen wurde der Mitarbeiterin, dass sie durch die Teilnahme an dem Treffen gegen ihre Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber verstoßen habe. Zur Erinnerung: Das Treffen im November 2023 wurde nach Bekanntwerden durch die teilweise staatlich finanzierte Plattform „Correctiv“ medial überwiegend als Treffen von Rechtsextremen und auch als „Wannsee-Konferenz 2.0“ dargestellt – der Plattform „Correctiv“ ist es mittlerweile aufgrund eines rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Hamburg jedoch untersagt, ihre Darstellung als „prozessuale Wahrheit“ zu bezeichnen.
Da die Mitarbeiterin nur Zuhörerin war, sah das Arbeitsgericht keinen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Treuepflicht gegeben. Die Mitarbeiterin treffe aufgrund ihrer Position auch nur eine einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht, so dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung fehlte. Diese einfache Treuepflicht verlange ein Maß an Loyalität des Arbeitnehmers, das „für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unabdingbar sei.“, und würde erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen. Allein das Zuhören bei der Veranstaltung habe nicht ausgereicht und ließ keinen Rückschluss zu, dass die Mitarbeiterin sich in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden habe.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ob die Stadt Köln in Berufung geht, bleibt abzuwarten. Eine Berufung vor dem Landesarbeitsgericht dürfte aber kaum erfolgversprechend sein, denn das Urteil berücksichtigt, dass das private Verhalten von Mitarbeitern den Arbeitgeber grundsätzlich nicht zu interessieren hat – es sei denn, es besteht ein Bezug zum konkreten Arbeitsverhältnis oder es wirkt sich konkret beeinträchtigend auf das Arbeitsverhältnis aus. Beides war jedoch aus Sicht des Arbeitsgerichts nicht der Fall.
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